Fünf Forschungsprojekte der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften werden durch den OeNB Jubiläumsfonds finanziert. Damit ergeht ein Fünftel der gesamten Fördersumme des Fonds in dieser Vergabesitzung an die WiWi-Fakultät.
Der Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank wurde anlässlich des 150-jährigen Bestehens der OeNB im Jahr 1966 eingerichtet. Nach der 2019 erfolgten Reform sollen geförderte Projekte mit dem Ziel betrieben werden, den Stand der Forschung in wirtschafts- bzw. standortpolitischen Fragestellungen unter besonderer Berücksichtigung kommunizierter Schwerpunkte auszubauen.
Mit dieser Vergabesitzung werden 25 von 82 eingereichten Projekten durch den Jubiläumsfonds finanziert, mit einem Gesamtfördervolumen von 4,735 Mio. Euro. Fünf Projekte sind an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften angesiedelt, die zusammen ein Fördervolumen von 967.000 Euro und damit ein knappes Fünftel der Gesamtfördersumme erhalten.
Gefördert werden WiWi-Projekte aus den Bereichen Recht der Wirtschaft, Finanzwirtschaft, Volkswirtschaft und Statistik. Die Beschreibung der bewilligten Projekte finden Sie weiter unten.
- Hautsch, Nikolaus (Institut für Statistik und Operations Research): Ökonometrie systemischen Risikos: Inferenz, Modellvergleiche und Netzwerkabhängigkeiten
- Miernicki, Martin (Institut für Recht der Wirtschaft): Rechtsrahmen für Central Bank Digital Currencies in Österreich
- Pothier, David (Institut für Finanzwirtschaft): Offenlegungsregeln und Auskunftssysteme im Bankwesen
- Tyran, Jean-Robert (Department of Economics and Vienna Center for Experimental Economics): Soziale Mobilität besser verstehen. Ein experimenteller Ansatz
- Ziegler, Lennart & Bamieh, Omar (Institut für Volkswirtschaftslehre): Väterkarenz: Finanzielle Anreize oder Flexibilität?
„Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften betrachtet es als großen Erfolg, dass sie bei der jüngsten Vergabe des Jubiläumsfonds ungefähr ein Fünftel aller bewilligten Mittel gewinnen konnte“, sagt Gerhard Sorger, Dekan der Fakultät. „Dies wird vor allem Jungwissenschaftler*innen gute Chancen zur Weiterentwicklung ermöglichen, die im Aufbau befindliche Doktoratsschule stärken und es unterstreicht ganz generell die Forschungsstärke der Fakultät, insbesondere im nationalen Vergleich. Sowohl thematisch als auch methodisch spiegeln die bewilligten Projekte die breite Ausrichtung der Fakultät sehr gut wider“, so Sorger weiter.
Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften gratuliert den Projektleitern sehr herzlich!
Lesen Sie auch:
- Medienportal: uni:view
- Presseaussendung: Vergabe von Fördermitteln durch den Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank
- Mehr Informationen zum OeNB Jubiläumsfonds
Die geförderten Projekte:
HAUTSCH, Nikolaus: Ökonometrie systemischen Risikos: Inferenz, Modellvergleiche und Netzwerkabhängigkeiten
Institut für Statistik und Operations Research
Die Überwachung des systemischen Risikos von Finanzinstitutionen ist eine zentrale Voraussetzung für makroprudenzielle Regulierung und die Gewährleistung von Finanzmarktstabilität. Ohne verlässliche statistische Inferenz sind Schätzungen systemischen Risikos jedoch von begrenztem Nutzen. Valide Inferenz ist dringend notwendig, um die Signifikanz von Unterschieden zwischen systemischen Risikoschätzungen individueller Banken oder Unterschiede in systemischen Risikorankings beurteilen zu können. Entsprechend sind fundierte Prozeduren für das Backtesting systemischer Risikoprognosen unverzichtbar, um derartige Risikomaße in Finanzmarktregulierungen operationalisieren zu können. Nicht zuletzt benötigen wir ökonometrische Ansätze für die Modellierung kausaler und simultaner Abhängigkeiten in potentiell hoch-dimensionalen Bankennetzwerken. Derartige Ansätze sind essentiell, um wesentliche Risikokanäle zu identifizieren und zu verstehen in welcher Weise sich Extremrisiken im System verbreiten.
Im ersten Schwerpunkt entwickeln wir statistische Inferenz für übliche systemische Risikomaße, wie MES, SES, SRISK oder Delta CoVar. Wir werden asysmptotische Verteilungen und semiparametrische Inferenz herleiten, um entsprechende Konfidenzintervalle zu konstruieren und Aussagen über die statistische Verlässlichkeit systemischer Risikoschätzungen zu treffen. Im zweiten Schwerpunkt entwickeln wir Ansätze, um systemische Risikomodelle verlässlich miteinander vergleichen zu können. Wir schlagen eine Klasse von Verlustfunktionen vor, auf deren Basis MES und VaR gemeinsam eruiert werden können. Damit können MES Schätzungen auf Basis alternativer Modellen miteinander verglichen und Backtesting konkurrierender Prognosen durchgeführt werden. Im dritten Teil führen wir Netzwerk-basierende systemische Risikomaße mit multivariaten dynamischen Modellen für Quantile zusammen, um einen Rahmen zur Modellierung kausaler und simultaner Abhängigkeiten in hoch-dimensionalen Netzwerken zu entwickeln.
MIERNICKI, Martin: Rechtsrahmen für Central Bank Digital Currencies in Österreich
Institut für Recht der Wirtschaft
Das vorliegende Projekt erforscht den Rechtsrahmen für die mögliche Ausgabe einer CBDC durch die OeNB und zeigt Änderungsbedarf de lege ferenda auf. Dazu ist zunächst zu untersuchen, welche Arten einer CBDC nach geltendem Recht von der OeNB alleine oder mit Genehmigung der EZB ausgegeben werde könnten und welche Schritte zur Anerkennung als gesetzliches Zahlungsmittel erforderlich wären. Dabei ist auch auf eine mögliche haftungs- und datenschutzrechtliche Verantwortung der OeNB einzugehen. In weiterer Folge ist die zivilrechtliche Einordnung der CBDC-Einheiten im Sachen- und Schuldrecht zu klären, wobei Besonderheiten des Verbraucherschutz-, Miet- und Arbeitsrechts zu berücksichtigen sind. Schließlich sind die Behandlung der CBDC im Wirtschaftsaufsichtsrecht (etwa AML/CTF, Zahlungsdiensterecht, Bankrecht, Wertpapieraufsicht) sowie im Steuerrecht (Ertragssteuern, Umsatzsteuer) zu klären. Teil des Projekts sind auch mögliche Smart Contract-Applikationen von sogenannten "programmable CBDC".
POTHIER, David: Offenlegungsregeln und Auskunftssysteme im Bankwesen
Institut für Finanzwirtschaft
Die Projekte sollen zu einem besseren Verständnis der Problembereiche beitragen, die für das Finanzstabilitätsmandat der Zentralbank und für die Ausgestaltung von Regeln zur Verbesserung der Effizienz und Resilienz des Bankensektors von Bedeutung sind. Insbesondere behandeln die Projekte Offenlegungs- und Publizitätsvorschriften, Informations- und Auskunftssysteme sowie die Kreditvergabe und das Portfoliorisiko von Banken.
Das erste Projekt, Arbeitstitel „Disclosure Regimes and Bank Risk-Taking“, behandelt die Auswirkung verschiedener Publizitätsregeln auf den Leverage und das Portfolio- und Finanzierungsrisiko von Banken. Zu diesem Zweck soll ein neuer Ansatz zur Modellierung der Kapitalstruktur von Banken entwickelt und damit die Wechselwirkung zwischen Publizitätsvorschriften und Eigenkapitalregulierung untersucht werden. Das zweite Projekt, Arbeitstitel „Information Systems and Bank Lending“, analysiert, wie interne Informations- und Auskunftsverfahren die Kreditvergabe und das Monitoringverhalten von Banken beeinflussen. Beide Forschungsprojekte behandeln mithin die Frage, wie Informationsflüsse das Investitionsverhalten und die Risikoannahme von Banken beeinflussen. Während das erste Projekt Informationsflüsse zwischen Banken und ihren Fremdkapitalgebern untersucht, stellt das zweite Projekt auf die Informationsflüsse zwischen verschiedenen Hierarchieebenen innerhalb von Banken ab.
TYRAN, Jean-Robert: Soziale Mobilität besser verstehen. Ein experimenteller Ansatz
Department of Economics and Vienna Center for Experimental Economics
In der Öffentlichkeit wächst die Wahrnehmung, dass soziale Mobilität, d.h. die Chance, auf der sozioökonomischen Leiter aufzusteigen, abnimmt, was die Frage aufwirft, inwieweit unsere Gesellschaft auf einem meritokratischen Fairnessideal beruht. Politiker*innen und Wissenschaftler*innen versuchen gleichermaßen, die Mechanismen hinter sozialer Mobilität zu verstehen, sodass spezifische politische Maßnahmen ergriffen werden können, um soziale Mobilität am wirksamsten zu fördern. Die Untersuchung des Fundaments sozialer Mobilität und die Frage, wie diese erhöht werden kann, sind aufgrund der inhärenten Pfadabhängigkeit des sozioökonomischen Status und potenzieller Akkumulationseffekte besonders aktuell. Da solche Akkumulationseffekte starke selbstverstärkende Tendenzen zur sozialen Persistenz haben (das Gegenteil von sozialer Mobilität), ist es sehr wichtig, diese Dynamik eher früher als später zu verstehen und entsprechende Maßnahmen zu setzen.
In diesem Projekt untersuchen wir die strukturellen Determinanten sozialer Mobilität: die Bedeutung des Zufalls für den wirtschaftlichen Erfolg, Diskriminierung, Lohnkompression und den Grad der sozialen Schichtung von Gesellschaften. Wir untersuchen, wie politische Interventionen wie Einkommens- oder Erbschaftssteuern die soziale Mobilität beeinflussen. Neben der Ermittlung der wirksamsten politischen Maßnahmen untersuchen wir auch, welche dieser Maßnahmen von der Bevölkerung am ehesten akzeptiert werden.
ZIEGLER, Lennart & BAMIEH, Omar: Väterkarenz: Finanzielle Anreize oder Flexibilität?
Institut für Volkswirtschaftslehre
Obwohl in vielen Ländern spezielle Elternkarenzoptionen für Väter bestehen, gibt es noch immer wenig Väter, die bereit sind einen größeren Anteil an der frühkindlichen Betreuung zu übernehmen. Während es viele wissenschaftliche Studien zu den Anreizen und Folgen von Elternkarenz von Müttern gibt, ist über Väterkarenzzeiten bisher noch wenig Forschung veröffentlicht worden. Diese Projekt soll neue Erkenntnisse über die Gründe für und Folgen von Elternkarenzzeiten von Vätern liefern. Insbesondere untersuchen wir, ob finanzielle Anreize und Präferenzen für stärkere Flexibilität zu einer höheren Inanspruchnahme von Väterkarenz führen können. Unsere empirische Analyse nutzt hierfür exogene Veränderungen der Karenzanreize, die durch die österreichischen Reformen der bezahlten Elternkarenz (Kinderbetreuungsgeld) entstanden sind. Die Kombination verschiedener Reformen ermöglicht es uns, die Auswirkungen flexiblerer Karenzmodelle sowie höherer Einkommensersatzquoten auf die Dauer der Väterkarenz zu untersuchen. Darüber hinaus analysieren wir, inwiefern sich die resultierenden Veränderungen auf das zukünftige Arbeitsangebot und das Einkommen von Vätern und Müttern auswirken.